Ein Blog rund um die Sanierung der Brücke der Städtepartnerschaft und Alternativen zum geplanten Neubau einer weiteren, dauerhaften Brücke am Wittichsteg in Rotenburg an der Fulda -
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Sonntag, 29. Juni 2008

Brücke der Partnerschaften

Wenn nicht jetzt, wann dann? Meine Aufregung über die nach so kurzer Zeit baufällige Brücke, der Brücke der Städtepartnerschaften, inklusiv der erneuten Belastung des Steuerzahlers, ist kühner Erwartung gewichen.

Wir Brückenanwohner sitzen seit vielen Jahren in der ersten Reihe. Unsere Privilegien bestehen vorwiegend aus:
ständigen Ersschütterungen durch den Verkehr und der daraus folgenden Beschädigungen des Fachwerks, Minderung der Immobilienwerte, enormen gesundheitlichen Belastungen durch den Verkehrslärm, Feinstaubbelastung und Abgasen während der rush hour, dem Taubendreck und dem sich zwischen jedem Hochwasser ansammelndem Unrat unter der Fuldabrücke. Alles zusammen genommen eine doch recht hohe Einbuße an Wohn- und Lebensqualität.

Angesichts der Brückenschäden ist im übrigen die derzeit erlaubte Tonnage von 30 Tonnen tatsächliches Gewicht zu hoch. Das weiß man wohl aber nur als Anwohner, weil man ständig schwankenden Boden unter den Füßen hat. Eine Alternative zu diesen vielen kleinen Erdbeben böte eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h für den Schwerverkehr.

Diese Brücke brauchen wir nicht mehr! Sie ist ohnehin zum Donnerbalken für Rotenburgs Tauben abqualifiziert. Besonders für spielende Kinder gehen gesundheitliche Gefahren vom Taubendreck aus. Ein Taubenhaus für Stadttauben auf einem grünen Flecken, wie anderen Orts schon gesehen, wäre eine sinnvolle Lösung.

Vor 40 Jahren gab es einen tiefen Einschnitt in die Geschichte unserer Stadt. Jahrhunderte alte Bausubstanz - primär in der Neustadt - wurde dem Erdboden gleich gemacht, unwiederbringliches Fachwerkensemble vernichtet. Sicherlich war diese Bauschande auch der Garnisonstadt geschuldet. Auf das Schauspiel der Panzerkolonnen, Jahr ein- Jahr aus auf der Brücke, hätten die Anwohner gern verzichten können.

Von Herrn Samsens Leserbrief (HNA-Ausgabe vom 28.06.08) bin ich sehr angetan. Es ist an der Zeit, zuerst einmal die Betroffenen zu befragen - den Menschen mit seinen Befindlichkeiten und Wünschen, Sorgen, Nöten, berechtigten Interessen. Leider entfernt sich aber die Administration immer mehr vom Individuum - und wie wir wissen, rächt sich dies zu gegebener Zeit. Offenbar mit Erfolg hat sich die engagierte Bürgerschaft gegen eine geplante umstrittene Baumaßnahme wehren können.

Wir Brückenanwohner und Denkmalpfleger wissen aus erster Hand um die Problematik solcher Belastungen. Wir haben jetzt die Nase voll! All die Jahre wurde das Unabänderliche stoisch ertragen. Nun aber ist, wie ich meine, eine hoffnungsvolle Situation eingetreten. Herrn Heinrich Wackers Vorschlag, die Brücke ganz zu entfernen , um danach Baulücken mit Augenmaß zu schließen, halte ich für richtig. Ich sehe vor meinen Augen neu errichtete Fachwerkhäuser, Grünflächen mit Sitzbänken und spielende Kinder, die auf den Rasen dürfen.

Zum Wohle Aller kann sicherlich keine Lösung gefunden werden. Gerade deswegen sollte über die neue Trassenführung in allen Richtungen nachgedacht werden, um einvernehmlich und demokratisch , aber auch pragmatisch, das Bestmögliche zu erreichen. Sinnvoll und Umwelt schonender ist ohne Zweifel eine Brücke im Industriegebiet. Hier bin ich wieder bei den Worten von Herrn Samsen: der Mensch hat Priorität. Dies sollte auch zukünftig für den Steinweg gelten. Eine verkehrsfreie Zone ist schon längst überfällig. Städteplaner, die etwas anderes sagen, kann ich nicht ernst nehmen.

Nachbarn, wie Herr Ossig und Herr Kleinschmidt, haben ganz in meinem Sinne argumentiert. Einer Klage würde ich mich anschließen. Ich bewohne ein als Denkmal geschütztes Haus, das mit hohen Investitonen, Herzbblut und viel Eigenleistung saniert wurde. Die Denkmalschutzbehörde gab strenge Auflagen, die erfüllt werden mußten. Nun aber, wenn es darum geht, sich zum Schutz der alten Bauwerke zu engagieren, Häusern mit mittelalterlichen Fundamenten, die vom heutigen Verkehr verursachte Erschütterungen nicht abfedern können, höre und sehe ich nichts von dieser Institution, um den sich um den Erhalt des Fachwerks Bemühten zu helfen. Nimmt sie ihre ureigensten Interessen eigentlich wahr? Besonders jetzt, wo sich eine einmalige Chance böte? Oder fühlt sie sich nur zuständig für kosmetische Auflagen. Würde ich morgen ein Solarpaneel auf das Dach unseres Hauses anbringen lassen, käme mit Sicherheit die Verfügung für den Rückbau! Wo bleibt von dieser Behörde eine Unterstützung bzw. Aufklärung bei der Erlangung des ab 01.Juli 2008 gültigen Energiespasses? Es tut sich nichts. Aber das nur nota bene.

Der Abriss der maroden Brücke böte eine einmalige Chance, dem Ensembledenkmal endlich den erforderlichen Schutz zu gewähren, damit es noch vielen weiteren Nachkommen der Stadt Rotenburg, "der Schönen an der Fulda ", und ihren Besuchern Freude bringt. Die Erfahrungen aus städtebaulichen Fehlern - wie in den Sechzigern - sollten zukünftig wegweisend sein.


Werner Herwig

Rotenburg

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo,
einem Rückbau der kompletten Brücke spräche tatsächlich nichts entgegen, aber was den Vorschlag angeht, dafür die sogenannte "kleine Stadtringvariante" zu bauen, halte ich und andere betroffene Bürger für weniger Sinnvoll.
Warum bitte soll der Geländeeinschnitt der aktuell vorhandenen Brücke durch einen Abriß geschlossen werden, um dafür in der Region "am Kies" einen neuen Einschnitt zu machen? Bleiben wir doch mal vernünftig - das Problem Brücke kann man doch jetzt nicht ernsthaft von A nach B verschieben, um erstens zur Abwechslung mal das Gebiet "am Kies" zu belasten und um zweitens so zu argumentieren, dass man an der freigewordenen Stelle neue Fachwerkhäuser errichten kann und in dem Fall das die beste bzw. bessere Variante ist. Auch wir haben Fachwerkhäuser, die dann den Erschütterungen ausgesetzt sind und somit Wertgemindert werden können.

Die Bürger vom Kies, die jetzt das Bürgerbegehren solidaisch und als Selbstverständlichkeit unterstützt haben, um einen Brückenbau Am Wittich abzuwehren, müssen somit jetzt um ihre eigene Zukunft bangen und kämpfen? Es macht fast den Anschein, dass die betroffenen Bürger nun untereinander ausgespielt werden sollen! Ich hoffe, dass man da auch nicht allein gelassen wird!

Wenn die Bürokratie in Sachen "Brücke Lispenhausen" zuschlägt und kaum noch überschaubar ist, sollten nicht die Bürger darunter leiden, nur weil es jetzt im Punkt Marodität der bestehenden Brücke fünf vor zwölf ist! Der Verfall der "Brücke der Städtepartnerschaften" wartet schließlich auch nicht, bis Formular A bis Z im jahr 2015 ausgefüllt und genehmigt ist!

mfg Fam. Michaelis